Medienkompetenz: Wie Sie Israel kritisieren, ohne dabei zum Antisemiten zu werden
Mittwoch, 22.11.2023, 09:21
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas ist komplex und emotional aufgeladen. Die Art und Weise, wie wir darüber sprechen und die Informationen bewerten, macht einen großen Unterschied. Kommunikationsexperte Michael Ehlers gibt uns Einblicke in die Bedeutung unserer Worte und wie wir sie sorgfältig abwägen sollten.
Dieser Text stammt von einem Expert aus dem FOCUS online EXPERTS Circle. Unsere Experts verfügenüber hohes Expertenwissen in ihrem Fachgebiet und nicht im Team der Redaktion. Mehr erfahren.
Warum ist es wichtig, unsere Wortwahl zu beachten, wenn wir über den Konflikt zwischen der Hamas und Israel sprechen?
Schreckliche Bilder und Nachrichten aus Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten dominieren die Medien. Sie überdecken beinahe die ebenfalls erschreckenden Berichte über den russischen Angriff auf die souveräne Ukraine. Das Sprechen über diese Ereignisse ist herausfordernd, aber unerlässlich, um in einer freien Gesellschaft zu kommunizieren. Das unermessliche Leid der Menschen und die bedeutenden Auswirkungen beider Ereignisse verpflichten uns, unsere Handlungen und – in meinem Fachgebiet – unsere Ausdrucksweise, sei es gesprochen oder geschrieben, besonders sorgfältig zu bedenken. Außerdem verpflichten sie uns, genau zuzuhören und genau hinzusehen. Und sie fordern uns auch auf, Position zu beziehen.
Medienkompetenz: Worauf sollen wir achten, wenn wir Informationen von Hamas und Israel bewerten?
Die erste Regel lautet: Zurücktreten und die eigenen Worte genau überdenken. Andernfalls enden wir wie ein bekannter deutscher Philosoph und Talkshow-Intellektueller, der nebenbei antisemitische Vorurteile verbreitet. Daher müssen wir auch die Worte, die wir hören und lesen, sorgfältig prüfen.
- Wer spricht?
- Welche Absicht hat der Sprecher?
- Woher stammen die Informationen?
- Wie werden sie präsentiert?
- Handelt es sich um eine vertrauenswürdige Quelle?
Seien Sie vorsichtig mit Bildmaterial (ist es authentisch, ist es plausibel?) und achten Sie auf die verwendeten Formulierungen. Ist etwas ein „Angriff“, ein „Terroranschlag“, eine „Vergeltungsaktion“, eine „mörderische Welle“ – oder gar ein „Genozid“? Ist der Gaza-Streifen tatsächlich ein „Freiluftgefängnis“? Scheuen Sie sich nicht, diese Fragen zu stellen. Lassen Sie nicht zu, dass falsche Bilder in Ihrem Kopf verankert werden. Denn wenn man eine radikale Bewegung aufbaut, muss man seine Anhänger daran hindern, eine abweichende Meinung zu vertreten.
Ein erstes Anzeichen und Warnsignal (!) ist die Scham: „Du bist ein schlechter Mensch, wenn…“ Lassen Sie nicht zu, dass Dinge vermischt werden. Vermischen Sie auch selbst nichts. Ein Verbot von sogenannten Pro-Palästina-Demonstrationen in deutschen Städten hat nichts mit der mutmaßlichen Religion der Teilnehmer zu tun. Die Hamas und ihre Anhänger von deutschen Straßen fernzuhalten hat – wie bereits erwähnt – nichts mit Muslimfeindlichkeit zu tun. Überprüfen Sie konsequent jedes Opfernarrativ.
Über den Fachmann
Michael Ehlers coacht seit zwei Jahrzehnten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Top-Führungskräfte, professionelle Trainer im Sport und viele andere. Er hält Vorträge zu den Themen Rhetorik, Kommunikation, digitale Transformation und Motivation. www.der-rhetoriktrainer.de
Besteht die Berechtigung, Israel zu kritisieren?
Ja, das ist erlaubt. Aber verwechseln Sie nicht jüdische Bürger mit dem Staat Israel. Oder sind Sie mit allen Entscheidungen der Bundesrepublik einverstanden? WennWenn Sie die Regierung Israels kritisieren möchten, ohne dabei antisemitisch zu werden, richten Sie Ihr Augenmerk auf Politik und Handlungen. Kritisieren Sie spezifische politische Maßnahmen, Handlungen oder Entscheidungen der israelischen Regierung, anstelle von allgemeinen Aussagen über Israel oder sein Volk. Sie könnten zum Beispiel sagen: “Meiner Ansicht nach verfolgt die israelische Regierung eine unangemessene Siedlungspolitik”, sofern Sie mit dieser Politik vertraut genug sind. Verwenden Sie sachliche und präzise Informationen. Begründen Sie Ihre Kritik mit überprüfbaren Fakten und renommierten Quellen. Trennen Sie klar die Kritik an den politischen Maßnahmen der israelischen Regierung und dem jüdischen Volk insgesamt. Erkennen Sie an, dass nicht alle israelischen Bürger oder die jüdische Bevölkerung weltweit die Politik des Staates unterstützen oder für dessen Handeln verantwortlich sind. Und all diese Punkte gelten ausdrücklich auch in umgekehrter Richtung.
Welche Schwierigkeiten bestehen bei der Kommunikation über den Konflikt zwischen der Hamas und Israel?
Der Konflikt erscheint äußerst komplex. Daher sollten wir uns stets fragen, ob wir die Hintergründe einer Angelegenheit ausreichend verstehen, um an einer Diskussion teilzunehmen, insbesondere in einem so lange zurückreichenden Konflikt wie im Nahen Osten. Sich zu informieren bedeutet in diesem Fall mehr als das Posten eines Instagram-Bildes oder das Ansehen eines Reels oder YouTube-Videos.
All dies erfordert Anstrengung und Zeit und scheint sogar bei ehemals seriösen Medien aus der Mode gekommen zu sein. Andernfalls hätte nach einer Explosion in oder nahe eines Krankenhauses nicht die Hälfte der Medien ungeprüfte Informationen verbreitet, die direkt von einer Terrororganisation stammten. Warum sollte man einer Organisation wie der Hamas überhaupt glauben?
Es spielt keine Rolle, ob die Informationen direkt von der Hamas stammen oder von der “Palästinensischen Gesundheitsbehörde” – als ob es sich dabei um eine neutrale Einrichtung handelt, die nicht beeinflusst oder kontrolliert wäre. Es ist immer schwierig, den Überblick zu behalten.
Aber verlieren Sie dabei nie aus den Augen, welches Ziel die jeweilige Konfliktpartei verfolgt. Geht es um die Verteidigung ihres Staatsgebiets oder um die Zerstörung der staatlichen Organisation sowie aller Bürger? Und sind diese beiden Ziele wirklich gleichwertig?
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